Burgwedel, Ernst

Ernst Burgwedel war ein Pionier der landwirtschaftlichen Mechanisierung. Er lernte die Landwirtschaft von der Pike auf. Seit 1852 hatte seine Familie das rund 560 Hektar große Gut Hof Malchow (1939 umbenannt in Altenlinden), zwischen Plau und Lübz in Mecklenburg-Schwerin gelegen, in Pacht. Nach Abitur und Lehre begann er 1913 ein Studium an der landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, das er bei Kriegsbeginn 1914 abbrechen musste. Am Ersten Weltkrieg nahm er bis 1918 teil. In diese Jahr übernahm Ernst Burgwedel dann die Verantwortung für Hof Malchow. 

Bereits in den 1920er-Jahren beschäftigte sich Ernst Burgwedel intensiv mit der Frage der Maschinenanwendung aus betriebswirtschaftlicher und technischer Sicht. 1926 schaffte er vier Traktoren des Herstellers Fordson an, zwei weitere folgten 1929. Mit der Ganzjahresnutzung der Traktoren auf seinem Betrieb erkannte er die Notwendigkeit, den Komfort des Schlepperfahrers zu berücksichtigen. So erhielten die Fahrzeuge ein Schutzdach mit Sichtfenster aus Zelluloid. Was Ernst Burgwedel jedoch in technischer Hinsicht einzigartig in Mecklenburg macht, war der Umstand, dass er nicht nur Landtechnik für seinen Betrieb erwarb, sondern in seiner Werkstatt zusammen mit seinem begabten Schlossermeister Adolf Leike selbst neue Maschinen und Geräte konstruierte und erprobte.

Von besonderer Bedeutung war die Mechanisierung des hofeigenen Kartoffelanbaus, der 1931 über 120 Hektar umfasste. So wurden das Markieren der Pflanzlöcher, das Zudecken, das Häufeln und das Hacken per Traktor mit entsprechenden Anhängegeräten ausgeführt. Lediglich das Legen erfolgt noch per Hand. Bereits 1922 konnte Ernst Burgwedel im Kartoffelbau eine eigene Erfindung, das Zudeckgerät "Plavia" einsetzen. Diese Maschine gab später den Anstoß zu dem auf leichten Böden praktizierten Flachanbau der Kartoffeln.

Eine der bedeutendsten Konstruktionen Burgwedels war ein Vorratsroder mit Siebkette. Da in den 1920er-Jahren noch keine Siebkettenroder gebaut wurden und die Gespann- wie auch die Handernte eine große Anzahl an Arbeitskräften erforderte, machte sich Ernst Burgwedel selbst an die Arbeit und begann ab 1929 mit der Konstruktion eines schlepperbetriebenen Kartoffelroders. Viele Jahre und etliche Versuche waren dafür nötig. Bereits 1930 wurden die Kartoffeln im Betrieb Malchow komplett maschinell geerntet. Die Arbeiten an der Versuchs-Vollerntemaschine gingen in den folgenden Jahren weiter und führten zu einer verbesserten Funktionsfähigkeit. Für diese Art der Kartoffelernte wurde in einer wissenschaftlichen Abhandlung der Begriff "Burgwedel-Verfahren" eingeführt. 

Aber die wohl wichtigste Erfindung Ernst Burgwedels war der Muldenwagen aus dem Jahre 1937, der die Kartoffelernte für die Landarbeiter weiter erleichterte, indem die Kartoffelkörbe nun nicht mehr auf die althergebrachten, recht hohen Kastenwagen befördert werden mussten. 

Ernst Burgwedel war auch einer der ersten Gutsbesitzer Mecklenburgs, der in Fragen der Entlohnung der Landarbeiter neue Wege ging und eine Gewinnbeteiligung einführte. Die besonderen sozialen und wirtschaftlichen Leistungen Ernst Burgwedels blieben nach 1933 auch den nationalsozialistischen Behörden nicht verborgen. Er erhielt die "Goldene Fahne der Deutschen Arbeitsfront", wurde überdies zum neuen Vorsitzenden der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft vorgeschlagen und prompt gewählt - ein weiterer Beleg seiner fachlichen Kompetenz. Ernst Burgwedel konnte jedoch nicht im Amt bleiben, da bald festgestellt wurde, dass er nicht Mitglied der NSDAP und somit "nicht tragbar" war. 

In den Jahren 1939 bis 1941 war Ernst Burgwedel in die Wehrmacht eingezogen worden. In den letzten Kriegswochen wurde er von der NSDAP-Kreisleitung Parchim och als Führer eines "Volkssturm-Bataillons" eingesetzt. Am 2. Mai 2945 erwirkte Burgwedel die Erlaubnis zur Auflösung seiner Truppe. Die Familie Burgwedel floh auf Anraten von Mitarbeitern unmittelbar vor dem Einmarsch der Roten Armee in Richtung Westen. Die Flucht endete in Schwarzenbek, etwa 30 km östlich von Hamburg.

Aufgrund der im Herbst 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone durchgeführten Bodenrefom, die sämtlichen privaten Großgrundbesitzern ab einer Betriebsfläche von 100 Hektar samt Inventar komplett und entschädigungslos enteignete, wurde auch Hof Malchow/Altenlinden aufgesiedelt. Damit war das langjährige Wirken der Familie Burgwedel in Mecklenburg endgültig beendet.

Im Jahre 1948 begann Ernst Burgwedel dann in der Firma "Brütt & Burgwedel" in Hamburg-Bergedorf mit der Fabrikation der Muldenwagen, die er über zehn Jahre vorher bereits in Mecklenburg entwickelt hatte. Burgwedel produzierte noch weitere fünf Jahre Muldenwagen. Bis zum Jahr 1959 wurden insgesamt 455 Stück gebaut und verkauft. Ernst Burgwedel starb 1973 mit 82 Jahren. Das Gut Hof Malchow/Altenlinden existiert nicht mehr: 1978 wurde das Gutshaus abgerissen, die Wirtschaftsgebäude sind verschwunden.