Eberhardt Pflugfabrik

Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Pflugfabrik Eberhardt die größte europäische Fabrik für Bodenbearbeitungsgeräte. In den 1950er-Jahren war sie immer noch der bedeutendste deutsche Hersteller, doch heute kündet nur noch eine Straße im Wohngebiet auf dem ehemaligen Firmengelände von diesem Werk.

Wilhelm Eberhardt, ein gelernter Schmied und Albert Eberhardt, gelernter Wagner, beschließen 1854 gemeinsam eine Werkstatt für feine und solide Kutschen in der Deinselsgasse in Ulm zu eröffnen.

Leider wenig erfolgreich schlugen sich die Brüder mit dem Bau von Bauernwagen und anderen landwirtschaftlichen Geräten durch. Vor allem aber widmeten sie sich dem Bau von Pflügen. Gute Pflüge waren selten, viele Teile waren aus Holz, Probleme waren daher an der Tagesordnung. Der fortschrittlich eingestellte Gutsbesitzer Wieland in Örlingen baute für Wilhelm einen sehr guten Pflug, der auch auf der landwirtschaftlichen Ausstellung in Ulm und im Jahr darauf in Langenau einen ersten Preis bekam. Wilhelm war damit aber noch nicht zufrieden und arbeitet beständig an der weiteren Verbesserung. 1859 hatte er aber dann den Pflug fertig: Einen Pflug vollständig aus Eisen! Er ging damit auf die landwirtschaftliche Ausstellung nach Zürich, wo die neuesten Pflüge aus der halben Welt ausgestellt waren. Wilhelm stellte sich der Konkurrenz und siegte. Die Brüder Eberhardt machten sich einen Namen mit solider und guter Arbeit und das Geschäft ging bald so gut, dass 1863 neue Geschäftsräume gekauft werden mussten. So erfolgte bald der Umzug von der zu klein gewordenen Werkstatt in der Deinselsgasse in neue Geschäftsräume in der Promenade, der heutigen Olgastraße. Das Hauptgeschäft war nun neben dem Bau von Kutschen und Kutschteilen Pflüge, an deren Verbesserung man beständig arbeitete. Jahr um Jahr wurde jetzt gebaut und erweitert. Zahlreiche Auszeichnungen aus diesen Jahren zeugen von Qualität der Eberhardtschen Produkte.

Da die Räumlichkeiten aber wieder zu klein waren, kauften die Brüder im Jahre 1880 einige hundert Meter außerhalb der östlichen Stadtgrenze das Gelände der ehemaligen Beckschen Papiermühle. Zwar verkaufte die Firma Eberhardt in diesen Jahren zwischen 13.000 und 30.000 Pflüge im Jahr, vor allem nach Ost- und Südosteuropa; Zusatzaufträge, wie der Bau des eisernen Dachstuhls für das Ulmer Münster wurden aber gerne angenommen. Er rettete vermutlich das Münster im Zweiten Weltkrieg vor einem Dachstuhlbrand. Nach dem rasch aufeinanderfolgenden Tod der beiden Firmengründer in den Jahren 1886 und 1887 fiel die alleinige Leitung des Werkes an den 28-jährigen Sohn von Wilhelm, der die Tradition seines Vaters weiterführte. Um die Pflüge leichter zu machen, ersetzte Albert in der Folgezeit zunehmend auch die anderen Eisenteile des Pfluges durch Stahl und erreichte eine 25-prozentige Gewichtseinsparung. Die Zahl der Pflüge, die die Werkhallen verließen, ging sprunghaft in die Höhe. Das Produktionsprogramm von damals zeigt zudem: Stelzpflüge, Karrenpflüge, mehrscharige Pflüge, Drehpflüge und Geräte zur Bodenlockerung, sogenannte  Grubber.

Die Anerkennung für die vielseitigen Leistungen blieb nicht aus: 1908 erhielt Albert den Titel Kommerzienrat, 1923 verlieh ihm die Uni Hohenheim den Dr. agr. h. c. In den Jahren 1910/12 entstand auf dem Gelände ein neues weitläufiges Werk, das mit verzweigten Gleisanlagen auch an die Eisenbahn angeschlossen war. Als der Motor seinen Siegeszug über die Welt antrat, mussten neue Pflugkonstruktionen geschaffen werden und die Bedienung musste vom Fahrersitz aus möglich sein. Motor-Anhängepflüge entstanden, zu denen bald auch Doppelscheibeneggen und Federzinkengrubber hinzukamen. Eberhardt exportierte nun weltweit bis nach Vorderasien, Südafrika und Südamerika. 1921 musste sich Albert aus gesundheitlichen Gründen aus der Geschäftsleitung zurückziehen und die Führung an seinen Sohn Rudolf abgeben.

Der Beginn des Zweiten Weltkriegs brachte dramatische Veränderungen. Rohstoffe und Transportleistung wurden knapp, Mitarbeiter wurden zum Wehrdienst eingezogen. Die Beziehungen zu Südafrika und Nordamerika brachen durch die alliierte Wirtschaftsblockade ab. Der Firma ging es aber trotzdem nicht schlecht. Durch die Erfolge der Wehrmacht konnten neue Handelsbeziehungen mit den besetzten Staaten aufgenommen werden. Zu diesem Zweck gründete Eberhardt eine Niederlassung in Posen, beteiligte sich an der Pflugfabrik in Mutterhausen/Elsass und kaufte ein Gelände für einen Umschlagplatz Schiff/Bahn in Regensburg. Außerdem lieferte er für die Wehrmacht wichtige Geräte. Die Firmengebäude wurden bei den Luftangriffen Anfang März 1945 völlig zerstört. Der Wiederaufbau nach 1945 war schwierig, doch Rudolf gelang es, die Pflugfabrik Eberhardt wieder zum führenden deutschen Hersteller für Bodenbearbeitungsgeräte zu machen. 1951 hatte die Firma bereits wieder 1.500 Mitarbeiter und schaffte 50 % der Vorkriegsproduktion. Ab 1950 ersetzten Traktoren die Gespanne und aus den Anhängegeräten wurden hydraulisch betätigte Anbaugeräte - eine große Herausforderung für Eberhardt.

1952 schloss die Firma Eberhardt einen Lizenzvertrag mit der Firma Josef Fey & Sohn über die kompletten Baurechte der Fey Bodenfräsen, die fortan von den Gebrüdern Eberhardt produziert und vertrieben wurde.

Nach dem Tod von Rudolf Ebrhardt im Jahre 1961 traten die beiden ältesten Söhne von Walther, Rudolphs Bruder, Dieter und Albert, in die Geschäftsführung ein. Es war ein denkbar schlechter Einstieg. Beiden fehlte die unternehmerische Power, notwendige Struktur- und Personalmaßnahmen wurden oft aus sozialen Erwägungen nicht durchgeführt, die Rezession in der Landwirtschaft senkte den Absatz dramatisch, Exportmärkte in Afrika und Südamerika brachen durch politische Umstürze weg und den traditionellen Markt in Osteuropa gab es nicht mehr. 1970 geriet die Firma in Zahlungsschwierigkeiten. Am 10. März 1980 musste der Liquidationsvergleich angemeldet und allen Mitarbeitern gekündigt werden. Die Namens- und Patentrechte sowie die Fertigungsanlagen wurden von den Gebrüdern Bidell gekauft und die Produktion mit 230 Mitarbeitern nach Waldstetten verlagert. Bidell konnte Eberhardt wieder an die großen Hersteller von Bodenbearbeitungsgeräten heranführen und exportierte in 47 Länder. Doch familiäre Probleme brachten die Bidell Gruppe auch in finanzielle Schwierigkeiten, was schließlich im November 1998 in den Vergleich führte.

Die Produktlinie und der Name Eberhardt waren kurz vor dem 150-jährigen Firmengeburtstag nicht mehr am Markt. Im November 2006 jedoch verkauft die Firma Bohnacker die Namens- und sonstigen Rechte an die Eberhardt GmbH Pflugfabrik in Linthe, die die Ersatzteilversorgung für Eberhardtgeräte übernahm und neue Bodenbearbeitungsgeräte unter dem Traditionsnamen Eberhardt auf den Markt brachte. Am 7. November 2007 meldete die Eberhardt GmbH in Linthe Insolvenz an.

Heute werden wieder Bodenbearbeitungsgeräte unter dem Namen Eberhardt von der Bidell GmbH vertrieben. Die Produktpalette umfasst nebst Bodenbearbeitungsgeräten ein breites Spektrum an landwirtschaftlichen Geräten.